Spiritualität ist ein schwieriger Begriff (geworden?). Und der im Wikipedia-Artikel zu Spiritualität erwähnte Konsens einer Tagung von 2010 - "Etwas anderes als der schnöde Mammon" - trifft es sicher schön und lässt uns doch ratlos, aber vielleicht mit einem Schmunzeln zurück. Spiritualität ist vielleicht genau das, was sich nicht für eine Allgemeinheit definieren, sondern nur im persönlichen finden lässt. Und doch versuche ich es gerade für meinen werten Webseitenbesucher - also Sie - zu definieren.
Wikipedia beschreibt im oben genannten Artikel (Stand Oktober 2021), in welcher Bandbreite der Begriff verwendet und vielleicht auch missbraucht wird. So ist er zum Schlagwort einer Selbstfindungs- und Selbstoptimierungsindustrie geworden. Es gibt Strömungen, die dem Begriff der Spiritualität des transzendentalen Kerns berauben, der ihm innen zu liegen scheint, wenn man ihn im Kontext der Religionen sieht. Auch wird Spiritualität gerne als Ersatzbegriff für Esoterik hergenommen, wenn man nicht in verbranntes Fahrwasser geraten möchte (also Esoterik ohne negativen Beigeschmack).
So viele Begriffe scheinen im Dialog mit anderen verbrannt zu sein und oft ertappe ich mich dabei öfter die Phrase "... aber nicht ..." zu verwenden, als ich tatsächlich direkt sage, was ich sagen möchte. Und eben dieses "... aber nicht..." verleitet uns dazu, uns gegen andere abzugrenzen und diese Abgrenzung mit einer Wertung zu versehen. Ich schreibe darüber und bin schon genau in diesem Fahrwasser, tue also gerade genau das Selbe.
Schwierig - vielleicht ist das "Was ist Spiritualität?" ja gar nicht so wichtig, sondern eher das "Was tut Spiritualität für mich und mit mir?".
Also dann...
Was tut Spiritualität für mich?
Für mich ist sie ein Motor, der mich immer wieder ermuntert, mich offen und unvoreingenommen auf neue Ideen, Sichtweisen und Möglichkeiten einzulassen. Sie gibt mir auf diesem Weg ins Unbekannte Halt mit einem Gerüst aus Glaubensätzen, Ethik, Weltbild und Sinn-gebendem Wertesystem. Und doch ist es genau dieses Haltesystem, das sie lebendig hält und in stetigem Wandel sehen möchte, denn dieses Gerüst ist nur wie eine Wolke Vertrauen, die mich umgibt: alles darf sich wandeln - auch Glaubenssätze und Weltbilder. Diese Wolke aus Vertrauen hilft mir weiter zu gehen, auch wenn der Weg sich scheinbar jenseits meiner Komfortzone fortsetzt. "Scheinbar", weil ich glaube, dass dieser Eindruck nur dann entsteht, wenn ich mit aller Kraft versuche die Illusion einer Komfortzone aufrecht zu erhalten, die es so schon nicht mehr gibt.
Und konkret?
Ich bin offen für viele esoterische Ideen und Weltbilder und werde sie doch nicht als einzige und harte Wahrheit sehen. So empfinde ich es z.B. als bereichernd, mich ernsthaft mit Astrologie und Tarot zu beschäftigen und werde mir doch immer ein Schmunzeln bewahren, das mir sagt: es ist eines von vielen Weltbildern mit eigener Mechanik und eigenen Erklärungssystemen. Dieses Schmunzeln sagt mir: Ich habe und behalte die Verantwortung für mein Sein und die Authorität in meinem Leben, egal, was mir die Mechanik eines Systems zu erzählen scheint. Es ist ein "spirituelles Schmunzeln" für mich.
Dieses spirituelle Schmunzeln ist für mich der Weg in die eigene Mitte oder gar der Inbegriff dafür. Vielleicht ist "inneres Lächeln" ein besserer Begriff dafür, aber mir gefällt das Wort "schmunzeln" - ich nehme gerne so vieles zu ernst und es erinnert mich auch an meine Schattenseiten. Anderen zu helfen, den Weg in die eigene Mitte immer wieder zu finden, scheint mir der Auftrag meiner Spiritualität an mich zu sein.
Glaube, Ethik und offenes Weltbild sind ein lebendiges, sich wandelndes Gerüst, das mir meine Spiritualität schenkt. In Ihnen finde ich Wunsch, Anreiz und Kraft anderen Menschen, Lebewesen und dem Leben im allgemeinen mit Achtung, Liebe und Sanftmut zu begegnen. Natürlich wird das nicht immer klappen, aber dafür muss ich mich nicht zerfleischen, denn ich bin auch eines dieser allzu menschlichen Lebewesen, denen ich begegnen darf - immer wieder neu.
Was ist Spiritualität für Sie? Oder besser: Was tut diese für Sie?
Spiritualität ist eine Säule meiner beratenden Tätigkeit, denn sie ist mir eine stetige Quelle von Vertrauen und Offenheit.